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Sondaschule – Unbesiegbar CD Kritik

© Sondaschule - Unbesiegbar - Cover

© Sondaschule - Unbesiegbar - Cover

Mit “Unbesiegbar” gibt es seit Mitte Januar (ursprünglich zumindest; tatsächlich 3-4 Wochen später) das neue Studioalbum der Ska-Punker von Sondaschule. Erschienen ist es via Warner und Solitary Man. Mit den Stichwörtern “Befreiungsschlag, Selbstbestätigung, Motivationstraining, Neuanfang und Ode an das Leben zwischen Liebe, Sehnsucht, Alkohol und ein kleines bisschen Glück morgens um halb 4” wird das neue Werk in der Info beschrieben. Das erste Mal richtig in Kontakt gekommen bin ich mit dem im Juli 2017 erschienenen Longplayer “Schere, Stein, Papier” und fand (ein wenig) gefallen daran. Für Album Nummer Acht verschanzte man sich gemeinsam mit Producer Vincent Sorg wieder in den Principal Studios Nähe Münster, in denen während der letzten Jahrzehnte Kultscheiben von Die Toten Hosen, Broilers oder den Donots entstanden.

© Sondaschule - Unbesiegbar - Cover
© Sondaschule – Unbesiegbar – Cover

Ich muss wohl niemanden etwas mehr über die letzten zwei Jahre erzählen. Gerade nicht denen, die aus der Pflege, der Kultur und ähnlichen Berufen kommen. Die, die vernachlässigt worden sind. Daher heißt es in der Info zurecht: “Kurz vor dem geplanten Release dann die Zäsur für Kunst und Kultur: Zwei schwere Jahre voller Unsicherheit verbunden mit der ständigen Frage, wie es weitergehen soll. Sämtliche Album- und Tourpläne vorerst Corona-bedingt auf Eis gelegt; ein Stresstest (nicht nur) für die Sondaschüler, dem man sich mit einer Mischung aus unerschütterlichem Durchhaltewillen und nötiger Pott-Gelassenheit entgegenwirft. Zwölf Mittelfinger für das Virus. Um auf andere Gedanken zu kommen und nicht gnadenlos alles ruhen zu lassen, produzierte die Band in Eigenregie eine Mini-Serie zum Album: „Unbesiegbar – Der Film“. Liebesgrüße aus dem Ruhrgebiet – mit Bier, Charme und Patrone.”

Aber damit (leider) nicht genug: “Im Sommer 2021 dann der nächste Schicksalsschlag. Gerade in dem Moment, als alles wieder ganz gut aussieht, was Tourplanung und Album-VÖ angeht. Gitarrist Daniel „Blubbi“ Junker verstirbt völlig unerwartet, reißt ein klaffendes Loch ins Bandgefüge. Ein Verlust, der die Planungen für eine ganze Zeit stilllegt und dem kommenden Album über Nacht eine ganz neue Bedeutung verleiht.”

„Ich denke, der Titelsong sagt schon alles“, erklärt Sänger Costa. „Er handelt von Liebe und Freundschaft – den beiden wirklich unbesiegbaren Kräften im Leben. Er spiegelt perfekt die momentanen Umstände wider; global aber auch, was uns als Gruppe angeht. Es geht darum, trotz aller Schwierigkeiten weiterzumachen und uns nicht von unserem Weg abbringen zu lassen. Die Trauer um Daniel werden wir noch sehr lange verarbeiten müssen. Wir sind nach seinem Tod in ein regelrechtes Loch gefallen und waren nicht sicher, ob wir das Album tatsächlich schon rausbringen sollten. Dennoch stand nie der Gedanke im Raum, aufzuhören. Das hätte er auf keinen Fall gewollt. Wir alle leben für diese Band und richten unser Leben nach ihr aus. Dieses Album ist Daniel gewidmet. Das findet sich sowohl im Artwork als auch in dem Song Wenn ich irgendwann mal geh (ist schon OK) wieder; eine echte Blubbi-Hymne, die ein fester Bestandteil unseres Live-Sets wird.“

„Ich verspreche mir selbst“ ist ein Track, mit dessen Inhalt ich mich generell, pandemie-unabhängig, identifizieren kann und auf dem Costa auf seine Selbstzweifel während der Pandemie zurückblickt. „Vielleicht sogar der persönlichste Text, den ich je geschrieben habe. Obwohl das natürlich wie ausgedacht klingt. Ist aber so. Ab März 2020 stand die Welt für eine gewisse Weile gefühlt still. Nichts war mehr möglich. Alle Pläne, die wir gemacht hatten, wurden innerhalb von wenigen Tagen über den Haufen geworfen. Wir konnten nicht mehr gemeinsam proben oder ins Studio und alles war irgendwie in der Schwebe. In diesem Moment habe ich mir geschworen, trotz allem an meinem großen Traum – dieser Band – festzuhalten.“

Weiter heißt es zu einem anderen Song: “Das fröhlich treibende „Merkst Du nicht“ haben Sondaschule all jenen schrägen Zeitgenoss:innen gewidmet, die mit ihren kruden Ansichten und Überzeugungen irgendwie die Wirklichkeit aus dem Blick verloren haben. Und wer unbedingt möchte, der darf sich durchaus von Costa und Co. auf den Schlips getreten fühlen. Gern geschehen!” Kann man nicht oft genug oft den Schlips treten.

„In meinen Augen kann jeder Mensch seine Meinung haben. Aber was manche Leute so von sich geben, ist oft einfach nur lustig. Ich sehe oft einen gewissen Humor in Dingen, die im Grunde bitterernst sind. In solchen Momenten darf man zurecht die Frage stellen: Merkst du nicht, dass du doof bist?“

Und wie lange das noch weitergehen soll? „Wir haben uns nie die Frage gestellt, wie lange wir das hier eigentlich machen wollen“, erklärt Costa. „Fest stand und steht einzig und alleine, dass wir bereit sind, gemeinsam durch alle Höhen und Tiefen zu gehen. Und dass wir bis heute nicht verloren haben, weshalb wir damals die Band gegründet haben: Aus Freude an der Sache. Ich hätte absolut nichts dagegen, wenn es nochmal zwanzig Jahre so weitergehen würde.“

Sehe ich ebenfalls so und sei der Band gegönnt. Sie trifft vielleicht auf vergangenen und dem aktuellen Release nicht immer meinen Geschmack, meinen Nerv aber das muss die Band auch nicht. Was mir widerfährt ist allerdings: Ich höre mir mal wieder einen anderen Stil an. Einen, mit dem ich vielleicht noch nie richtig warm geworden bin aber der dennoch einige gute Stücke, die selbst mir gefallen, hervorgebracht hat. Und davon gibt es hier ebenfalls einige. Besonders „Merkst du nicht“.

Oliver Lippert
Oliver Lippert
Schreibe schon seit Mitte der 1990er und habe seit Oktober 2020 zwei Bücher ("Kaleidoskop - Abschnitt 1 -" und "Kaleidoskop - Abschnitt 2 -") veröffentlicht.