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Bad Assumption – No Excuses CD Kritik

© Bad Assumption - No Excuses

© Bad Assumption - No Excuses

Seit 2019 ist die Band Bad Assumption in der Besetzung Daniel Behrens – Gitarre & Gesang, Joel Buschmann – Drums & Geschrei, Merten Mederacke – Bass zu finden, zu hören und live anzusehen. Die Gruppe aus Münster spielt Melodic-Hardcore-Punk, ihre Fans eröffneten das Genre “Tracksuitpunk”. Das Debütalbum “Angst” erschien 2020, die dazugehörige Tour fiel wegen der Pandemie und den damit einhergehenden Maßnahmen ins Wasser. 2022 erscheint mit “No Excuses” das zweite Studioalbum der Band.

In der Info steht selbstbewusst: „Auf ihrem zweiten Album „No Excuses“ sagt sich die Band von ihren Fesseln los und schafft ein Album, das sich freier denn je anfühlt – weg von äußeren Missgünsten, weg von inneren Zweifeln und gemeinsam gegen die größten Katastrophen der Menschheit. Dabei belässt es das Trio nicht bei bloßen Aufrufen zum Widerstand, sondern erzählt unheimlich nahbar, was der stetige Kampf gegen die Ungerechtigkeiten für
diejenigen bedeutet, die ihn bestreiten. Um dieses komplexe Emotionsnetz darstellen zu können, berufen sich Bad Assumption auf das vielfältigste und selbstständigste Projekt, das sie je verwirklicht haben. Melodic Hardcore streitet mit Pop-Punk, Alternative Rock trifft auf Post-Rock-Elemente – das Trio hat eine Platte geschrieben, in der sich Stick To Your Guns, Being As An Ocean, Touché Amoré und Billy Talent gleichermaßen wiederfinden würden.“

© Bad Assumption - No Excuses
© Bad Assumption – No Excuses

Zum Titeltrack: „„Mir ging es darum, Zweifel und Zweifler:innen verstummen zu lassen und das nicht an mich ranzulassen, wenn ich meinen Traum verfolge“, kommentiert Gitarrist Dan den Track, der für ihn besonderes persönliches Gewicht hat.

„Die Gewalt, mit der friedlichem Protest für eine lebenswerte und gerechte Zukunft begegnet wird – strukturell wie
individuell – ist schockierend“, kommentiert Merten selbst, der regelmäßig mit Extinction Rebellion und Ende Gelände für Klimagerechtigkeit streitet. „Ich möchte noch eine Zukunft erleben. Bad Assumption lässt mich meine Gefühle dazu nochmal anders ausdrücken. Das ist der Raum, wo meine Wut hingehen kann.“

Interessante Aussagen, die in dem Pressetext zu finden sind und ja, ich weiß, dass ich bisher, außer im ersten Absatz, nichts über das Album gesagt habe, aber: ich finde, die Band macht das echt gut. Weiter später heißt im Text nämlich interessanter Weise: „„New Boston“ schließlich stellt auch die Frage, was passiert, wenn einem Freunde selbst den Rücken kehren – eine Kontrastfolie, die darauf hinweist, dass in den vielen Wirrungen des Lebens niemand fehlerfrei bleiben kann.“ Da frage ich mich: Bezieht das auch das Engagement bei Extinction Rebellion und Ende Gelände ein? Wird das ebenso objektiv reflektiert wie das andere? Das würde ich für persönliches Wachstum, zielgerichtetes Engagement nämlich wichtig finden. Und auch: Wie weit möchte gehen? Wenn von Polizigewalt die Rede ist, fehlt mir persönlich die Frage: Machen „wir“ alles bei unserem Engagement richtig? Wie weit darf und sollte ich beim Protest gehen? Muss oder sollte ich parallel auch Wege gehen, denen ich ein Nutzen abspreche? Beispielsweise gibt es ja viel Skepsis über Petitionen. Vielleicht war aber die Dringlichkeit in ebenjener nicht hoch genug oder sie kam zu falschen Ansprechpartner. Es muss nicht zwingend an einer Petition liegen. Ich halte das von vielen für ein gutes Ziel, dennoch frage ich mich manchmal, ob die Mittel die richtigen sind. Für mich nicht. Ich bin weder „Straßentyp“ noch mag ich unsichere Situationen noch kann ich damit adäquat umgehen (Autist, mental health issues etc. pp.). Das alles wusste ich damals nicht und nachträglich frage ich mich, ob das nicht zu viel des Guten war. Ich habe sowohl „Unschönes“ in eigenen Reihen erlebt als auch von außerhalb zu spüren bekommen. Und ich finde schon, dass der Schutz, den demokratische Demos bekommen soll manchmal schon parteiisch ist und bei Demos von der „Gegenseite“ (viel) glimpflicher mit Demonstranten umgegangen wird. Vor Drangsalierungen werden „Klimakleber“ nämlich nicht unbedingt geschützt. Egal. Ich schweife ab.

Die musikalische Beschreibung Hardcore-Punk mit Melodie, cleanem Gesang und Geschrei kann ich ebenfalls beipflichten. Ich finde die Texte, die Ideen dazu, das Hinterfragen darin und das Verarbeiten von Erlebten klasse. Viel Bonuspunkte gibt es für den Pressetext, weil ich so auch etwas über die Hintergründe der Musik erfahren kann. „Nils“ triggert mich etwas, weil mein Dad mit Ende 40 an Krebs verstorben ist. Ich denke, verarbeitet habe ich das nach über zwanzig Jahren immer noch nicht. Ist ja nicht so als gebe es humanistische, nicht religiöse Angebote für Trauerarbeit wie Sand am Meer. Verarbeiten in Textform habe ich auch gewählt. Wer weiß, wie es mir ohne gehen würde. Daher habe ich für kreativen Output immer Respekt.

„No Excuses“ hat mich mitgerissen und speziell „I Hate Myself“ hatte ich den Anfang wo nur diese drei Worte geschrien wurden, erschreckend lange im Kopf und mich gefragt, ob das für mich auch galt oder sogar noch gilt. Und gemerkt, das mir ein stärkeres Netz aus Sozialem Umfeld heutzutage fehlt. Alle anderen Netze sind gebrochen, waren temporär und wie alles andere vergänglich. Etwas Neues zu etablieren bedarf Zeit und Kraft, die ich anscheinend nicht mehr hab. Eine gute Platte, die mich getriggert hat, mich nachdenklich gestimmt hat und mit dem Hintergrundwissen nochmal anders gehört werden kann.

Die Band wird 2023 neue Musik produzieren und im März 2023 eine europaweite Headline-Tour spielen.

Oliver Lippert
Oliver Lippert
Schreibe schon seit Mitte der 1990er und habe seit Oktober 2020 zwei Bücher ("Kaleidoskop - Abschnitt 1 -" und "Kaleidoskop - Abschnitt 2 -") veröffentlicht.