Band: Dream Theater
Titel: Breaking The Fourth Wall
Label: Roadrunner Records (Warner)
Genre: Progressive Metal
VÖ: 26.09.2014
Spielzeit: 165 Minuten
Wertung: 4/5
Mit „Breaking the Fourth Wall“ (DVD/Blu-ray) legen Dream Theater bereits ihren achten Konzert-Mittschnitt vor. Seit der Jahrtausendwende ist damit zu allen Welt-Tourneen eine DVD erschienen. Da muss die Frage erlaubt sein, ob sich das Prinzip nicht irgendwann einmal abnutzt. Immerhin gab es vor noch nicht allzu langer Zeit nur zu besonderen Anlässen aufwändig produzierte Dokumentationen. Zumindest bei der vorliegenden DVD gab es diese Besonderheit. Die Band feierte während der Tour das 15jährige Jubiläum von „Metropolis Pt. 2: Scenes from a Memory“ (1999) sowie das 20. Jubiläum von „Awake“ (1994) und beide Alben hatten auch nennenswerten Anteil an der Playlist. Fans der ersten Stunden kamen so in den Genuss von schon lange nicht mehr live gespielten Stücken.
Auch die Wahl des Aufnahmeortes schien eine kleine Reise zu den Wurzeln der Band zu sein. Die Ausnahmekünstler ließen ihren Auftritt im Opera House von Boston filmen. Dabei wurden sie außerdem von Orchester und Chor des Berklee College of Music unterstützt – eben jener Hochschule, an der die Gründungsmitglieder John Petrucci, John Myung und Mike Portnoy (stieg 2010 aus) vor 30 Jahren die Band (als Majesty) gegründet haben, eben jenes College auf dem Portnoy–Ersatz Mike Mangini einige Jahre „Drum-Professor“ war.
Notwendigkeit hin oder her, der Käufer bekommt genau das, was er erwartet. Dream Theater sind professionell genug, so dass selbst Durchschnittswerke auf ganz hohem Niveau liegen. Bild- und Tonqualität sind einwandfrei – auch, wenn man den Unterschied zwischen den HD-Kameras und den GoPro-Kameras (montiert an diversen Mikroständern und Stativen) durchaus erkennt. Die Bildregie ist besser als beim Vorgänger („Live at Luna Park“, 2013). Die Schnitte sind nicht so hektisch und vermitteln eher den Eindruck eines Konzertbesuches. Auch die Einstellungen mit Blick „aus dem Publikum“ verstärken diesen Eindruck. Die Split-Screens, die Besucher der Welttournee schon von den Videowänden kennen, werden hin und wieder eingestreut. Sie erlauben es, den Weltklasse-Instrumentalisten genau auf die Finger zu schauen und sich dabei nicht für einen entscheiden zu müssen.
Wer ein Konzert der Tour miterlebt hat, weiß bereits, welche Songs ihn hier erwarten. Die Zeiten, in denen es variable Setlisten gab, sind lange vorbei. Das macht aber vielleicht auch gar nichts, denn wem genau diese Tour gefallen hat, der bekommt sie hiermit beeindruckend dokumentiert.
Der Konzertfilm startet auf der ersten DVD mit dem schönen audio-visuellen Intro, mit dem auch jedes Konzert eröffnet wurde: In chronologischer Reihenfolge wird jedes Dream Theater Album mit aufwändigen Bildern zum Leben erweckt. Es folgen vor allem Stücke der jüngsten Vergangenheit und des aktuellen Albums „Dream Theater“. Dazwischen laufen immer wieder die kleinen Einspielfilme, die es auch auf dem Konzert zu sehen gab. Schönes Detail: Dabei ist jedes Mal auch das Publikum zu hören, was dem Ganzen eine organische Note gibt. Überhaupt ist während des ganzen Filmes auch immer mal wieder das Publikum zu hören. Auch das wurde bei „Live At Luna Park“ kritisiert.
Die zweite DVD widmet sich dann endlich den Jubilaren. Los geht es mit „Awake“ – inkl. „Space-Dye Vest“ des Stückes, das wohl die meisten Kontroversen unter den Fans ausgelöst hat. Spielt Jordan Rudess das Stück so gut, wie Vorgänger Kevin Moore? „Team Kevin“ sieht das naturgemäß etwas anders als „Team Jordan“.
Nach knapp zwei Stunden dürfen dann endlich das Orchester Platz und der Chor Aufstellung nehmen – die eigentlichen Kaufargumente für „Breaking The Fourth Wall“. Die gut 60 jungen Menschen unter der Leitung von Eren Basbug verleihen dem Longtrack „Illumination Theory“ eine weitere Dimension und entwickeln gerade in den orchestralen Teilen eine unglaubliche Magie. Wie gut das funktioniert, hatte die Band auf dem 2006er „Score“ bereits bewiesen. Der Zugabenblock aus vier Stücken von „Scenes From A Memory“ wird ebenfalls von Chor und Orchester begleitet und rundet den Konzertfilm ab.
Dream Theater Fans und Besucher dieser Tour dürften an der DVD ihre helle Freude haben. Auch wenn der Titel die Latte wohl etwas zu hoch gelegt hat. „Die vierte Wand“ – also die zum Publikum hin offene Seite einer Bühne – durchbrechen die Musiker natürlich nicht. Aber zumindest fühlt man sich als Betrachter auf dem heimischen Sofa auf einem sehr guten Beobachtungsposten für einen gut dreistündigen Konzertgenuss auf allerhöchstem Niveau.
Abschließend nochmal zur Veröffentlichungspolitik: Gab es von „Luna Park“ noch ein großes und aufwändiges Artbook mit Blu-ray, DVD und Audio-CDs, fehlt ein solches beim vorliegenden Konzert völlig. Als deutscher Kunde kann man sich nur zwischen einem Blu-ray- und einem DVD-Digipack in recht spartanischer Aufmachung entscheiden. Die Audio-CD fehlt völlig. Diejenigen, die alle zwei Jahre einen Konzertfilm zu einer Tour erwerben, auf der sie selbst gewesen sind, freuen sich garantiert auch über etwas mehr Liebe und Details in der Aufmachung. Das gilt auch für das Bonusmaterial, bei dem es dieses Mal nur eine Foto-Galerie und die Filmchen zu „Enigma Machine“ und „Illumination Theory“ zu sehen gibt. Es wäre ein solches Detail gewesen, den sehr amüsanten 15minütigen „Parodie-Werbeblock“ aus der Pause mit auf die DVD zu packen.
Playlist:
The Enemy Inside
The Shattered Fortress
On The Back Of Angels
The Looking Glass
Trial Of Tears
Engima Machine
Along For The Ride
Breaking All Illusions
The Mirror
Lie
Lifting Shadows Off A Dream
Scarred
Space Dye Vest
Illumination Theory
Scene Two: I. Overture 1928
Scene Two: II. Strange Deja Vu
Scene Seven: I. The Dance Of Eternity
Scene Nine: Finally Free