
One, Two, Three, Four, Ramones! von Xavier Bétaucourt, Bruno Cadène (Text) und Éric Cartier (Illustrator) Comic Kritik
7. September 2018
Herr Alexander Borchard (Familotel Borchard´s Rookhus) im Interview
8. September 2018Daniel Holbe im Interview


© Oliver Misof – Daniel Holbe
Nun erfolgt erneut in Interview mit dem Autor Daniel Holbe. Wir hatten schon öfter das Vergnügen miteinander und dieses Mal gab es wieder ein normales Interview (Anmerkung: Die anderen Interviews sind auf verschiedenen anderen Seiten im Netz zu finden und manchmal keine „normalen“ Interviews). Dieses Mal sprachen wir anlässlich des neuen Romans Blutwette (die Rezension zu dem neuesten Titel gibt es hier) miteinander und auch über dieses Buch – natürlich. Außerdem über den Weg vom Beginn der Julia Durant-Werke – also, ab dem Zeitpunkt wo Daniel Holbe diese schrieb – bis zur Gegenwart und vielen anderen Themen. Viel Spaß beim Lesen und gute Besserung an Daniel Holbe.
1. Hallo, ich hoffe, es geht Dir gut. Was machst Du gerade und wo bist Du?
Hallo und Danke der Nachfrage. Ich sitze – hitchcockmäßig – mit lädiertem Bein hinter dem Fenster und warte darauf, dass draußen ein Mord geschieht. Naja, so ähnlich jedenfalls. Es ist ein Knorpelschaden im Knie und ich bin für gut sechs Wochen aus dem Verkehr gezogen. Nicht sehr angenehm, aber es hätte mich auch schlimmer treffen können. Immerhin kann ich nun ganz in Ruhe schreiben.
Oder Interviews geben ;-)
2. Kürzlich ist Dein neuer Julia Durant-Roman Blutwette erschienen. Magst Du unseren Lesern einmal etwas darüber erzählen und eine handvoll Gründe nennen, warum man das Buch lesen sollte?
Es geht um einen toten Sportler, der scheinbar Selbstmord begangen hat und um eine junge Frau, deren Tod scheinbar ein Unfall war. Beides erweist sich als Irrtum und Julia Durant wird sich mit zerrütteten Familienverhältnissen und einer ziemlich gefährlichen (Unter-)Welt auseinandersetzen müssen.
Ach so. Und jetzt noch die Handvoll Gründe: warum man das Buch lesen sollte:
Weil es Julia Durant ist, weil sie auch in Band 18 nichts von ihren Kanten verloren hat und weil es auf seine Weise wieder ein ganz eigener, aufwühlender Fall ist. Nicht nur für die Leser. Es ging mir beim Schreiben ähnlich.
3. Ich könnte mir vorstellen, dass es sich am Anfang befremdlich angefühlt hat in die Fußstapfen von Andreas Franz zu steigen. Kannst Du unseren Lesern erzählen wie der Verlauf bis heute war für Dich, Erfahrungen dabei und Dinge, die Du gelernt hast und nun (vielleicht) vermeidest beziehungsweise erst recht anwendest?
Es war befremdlich und beängstigend, aber auch mit Ehrgefühl verbunden. Und eine große Verantwortung, die natürlich nicht kleiner geworden ist. Neulich hatte ich Buchpremiere und da kam dieses Thema (wie bei den meisten Lesungen) auch wieder zur Sprache. Ich glaube, dieses intensive Gefühlserleben damals, diese ganz besonderen Verkettung von Ereignissen… das wird immer präsent bleiben. Und das ist auch gut so.
Was habe ich gelernt? Ich habe neben Julia Durant noch eine eigene Krimi-Reihe, in der ich ganz bewußt viele Dinge anders mache. Die Fälle, die Stimmung, das Zusammenspiel. Da lebe ich alles aus, ohne mich in einer anderen Verantwortung zu sehen, als in meiner eigenen. Bei Julia Durant ist es viel wichtiger, Veränderungen nur behutsam anzugehen, auf ihre Vergangenheit und ihren Werdegang zu achten und ihr die realen Fälle auf den Leib zu schneidern. Trotzdem experimentiere ich auch hier, allein die Auswahl der Fälle macht jedes Buch wieder zu einer neuen Herausforderung.
Vermieden habe ich zwei Dinge ganz bewußt, so lange jedenfalls, bis ich mich dazu bereit fühlte. Zum einen den Ruhestand von Kommissariatsleiter Berger und dann den Tod von Julias hochbetagtem Vater. Beides hing mir jahrelang wie ein Damoklesschwert über dem Schreibtisch, denn es war klar, dass das passieren muß. Heute fühle ich mich sicher genug im Umgang mit Julia Durant und ihrem Team, um nicht mehr so gehemmt zu sein. Man darf außerdem annehmen, dass der Band TODESMELODIE, würde ich ihn heute nochmal schreiben, ein Stück weit anders wäre. Wobei das wohl jedem von uns mit seinen frühen Werken so geht.
4. In einer Kritik bei Amazon kam zur Sprache, dass dieser Teil ein schwacher sei. Dem kann ich nicht beipflichten. Liest Du dergleichen und wie nahe geht Dir das (noch)?
Zugegeben: Ich sitze nicht mehr mit dem Finger auf F5 am Bildschirm. Aber ich möchte die Leser mit meinen Büchern auch erreichen und dazu gehört es, sich Anregungen, Kritik und auch mal ein „Weiter so“ abzuholen. Julia Durant hat ein unglaublich aktives, ehrliches und mitteilsames Fandom. Das sind Experten, von denen ich echt noch was lernen kann. Und das tue ich gern, denn bis vor ein paar Jahren war ich selbst nicht mehr als das. Ein Fan. Und damit auch jemand, dem der eine Band mehr und der andere Band weniger gefiel.
Damit leben, dass – gerade diese Buchreihe – schon immer polarisiert und der einzelne Leser von einem Fall mal weniger, vom anderen dafür wieder mehr angesprochen wird, das kann ich ganz gut. Denn das Gesamtfeedback ist ja wirklich positiv, da kann ich mich also nicht beklagen.
5. Ohne zu viel verraten zu wollen aber Julia Durant wird ganz schön durch die Mangel gedreht. Zum Teil absehbar, dass das irgendwann passieren würde, teils bringt es der Job mit sich. Ich für meinen Teil finde solche Erlebnisse realistisch. Hattest oder hast Du manchmal Zweifel, ob das nicht viel too much, zu viel des Guten, ist? Also, generell, nicht nur dieses Buch. Und hast Du dafür Beispiele?
Nein, um ehrlich zu sein, ich dosiere das ja. Und ein Buch braucht eben, um packend zu sein, auch den Konflikt des Hauptdarstellers. Gewisse Dinge (z.B. das Mobbing seiner Tochter) durfte ja statt Julia selbst ihr Partner Frank Hellmer erleben. Da haben sich Leute bei mir reihenweise bedankt, dass ich darüber geschrieben habe, weil das ein großes Thema ist. Naja, und Julias aktuelle Themen (Verluste von Angehörigen, die Malässen des Älterwerdens, ein Revierkampf mit dem neuen Vorgesetzten), das kennt man auch alles. Das wirklich Krasse ist Julia Durant ja noch vor meiner Zeit mit ihr passiert. MÖRDERISCHE TAGE. Entführung. Mißbrauch. Andreas Franz‘ letzter Band der Reihe. Da war ich echt schockiert, aber seitdem weiß ich, dass einem Helden oder einer Heldin im Grunde alles passieren kann. Und darf. Das macht sie schließlich menschlich.

(c) Droemer Knaur – Blutwette von Andreas Franz und Daniel Holbe
6. In einem Interview habe ich Dich darauf angesprochen wegen dem „Syndikat“. Das war im Jahr 2014, Du warst damals ein eher passives Mitglied, und Du gelobtest Besserung. 2015 sollte das anders werden. Ist es das geworden?
Ja, ähm, räusper. Ich sage es mal so: und dann kam das Leben und hatte andere Pläne. Ich habe 2015 meinen Vater verloren und das hat die vergangenen drei Jahre doch sehr beeinflusst. Dazu kamen noch ein paar andere Entwicklungen, zum Beispiel, dass wir unseren Lebensmittelpunkt in den Hohen Vogelsberg verlegt haben. Das hat auch mein schriftstellerisches Leben und Engagement beeinflußt. Und mein Zeitmanagement. Kann man nicht anders sagen. Klar, ich schreibe noch immer, es ist sogar wieder mehr geworden. Aber mein Fokus liegt einfach mehr auf der Familie. Deshalb beantworte ich das heute unverbindlicher: es läuft mir ja nichts weg ;-)
7. Zum nächsten Sabine Kaufmann-Roman habe ich eine Ankündigung gesehen. Kannst Du darüber schon etwas erzählen? Wie ging die Recherche hier vonstatten und wie unterscheidet sich diese von Julia Durant?
Ein Grinsen wandert über mein Gesicht, während ich denke, dass das Ganze bei mir unter der Kategorie Ralph-Angersbach-Roman läuft. Klar, Sabine Kaufmann spielt natürlich auch mit. Und wir werden auch nicht auf die Waagschale legen, wer welchen Anteil am neuen Fall haben wird.
Ich lächle noch immer, denn es ist schön, nach der Reihe gefragt zu werden. Und schön, dass es endlich weitergehen kann, denn der neue Band ließ ja ziemlich lang auf sich warten. Das hat mit meinen familiären Dingen zu tun, ich erwähnte sie ja bereits. Um so mehr Energie habe ich dann hineingesteckt, um (a) möglichst nahtlos an die ersten Bände anzuknüpfen und (b) einen neuen Fall zu kreieren, der alte wie neue Leser anspricht. Es wird Veränderungen geben, Dinge, die sich bereits abzeichneten. Und im Gegensatz zu den Frankfurt-Krimis entspringen diese Geschichten ja meiner reinen Phantasie, ich muß mich also nicht wochenlang durch reale Fälle arbeiten sondern kann tun und lassen, was ich will. Diesen Kontrast lebe ich beim Schreiben voll aus und als es darum ging, einen geeigneten Spielort zu finden, setzte ich mich ins Auto und fuhr so lange durch die Gegend, bis ich eine Stelle fand. Da stieg ich aus und entschied: Und hier pflanze ich das fiktive Dorf Wetterbach hin. Hat einen riesen Spaß gemacht!
8. Und zwischendurch gibt es auch noch andere Bücher von Dir. Kannst du unseren Lesern etwas zu den aktuellsten erzählen?
Gerne! Ich hatte schon seit Jahren vor, etwas als eBook zu bringen. Ein reines eBook, Taschenbuch optional später. Das habe ich mit VERSCHWÖRUNG IN DER CAMARGUE mit meinem Kollegen Ben Tomasson umgesetzt. Das Buch spielt unweit von dort, wo auch mein allererstes Buch DIE PETRUSMÜNZE spielte. Das wollte ich nämlich auch unbedingt wieder mal tun; schreiben, wo das Urlaubsherz wohnt.
Kuzrzum, die Erfahrung mit dem eBook ist, nun ja, gemischt. Gute Kritiken, wenige Leser. Man erreicht elektronisch eben nicht dieselben Menschen wie auf klassischem Wege. Für mich als Freund des gedruckten Buches ist das im Grunde ja erfreulich. Und kommende Untaten in Südfrankreich sind auch nicht ausgeschlossen. Dann aber eben wieder auf Papier. Denn nach dem Schreiben möchte man schon auch gelesen werden…
9. Wenn es jetzt schon eine Ankündigung für einen Kaufmann-Roman gibt. Fällt mir ein, ab wann planst Du denn immer den nächsten? Der aktuelle Durant ist raus, 6 Monate noch dann kommt Sabine Kaufmann (auch wieder mit Angersbach?). Ich glaube, wenn man einen Bruch wagt, widmet man sich diesem Beruf voll und ganz. Folglich arbeitet man als Autor beziehungsweise generell Künstler schon an dem nächsten Projekt, wenn das Skript vom Verlag abgesegnet wurde. Also, wahrscheinlich schon, bevor Leser irgendeine Art von Ankündigung sehen, oder?
Verlage planen am liebsten ganz langfristig und ich am liebsten von heute auf morgen. Auch das hat sich bei mir seit 2015 verstärkt. Deshalb bin ich froh, dass wir folgende Lösung gefunden haben: Ich schreibe in aller Ruhe von einem Durant zum nächsten. Ich brauche immer etwa ein Jahr, damit läßt es sich kalkulieren. Und wir haben immer genug Puffer. Sollte sich zwischendrin ankündigt, dass ich bereit bin für ein anderes Projekt, dann suchen wir die nächste passende Lücke. Dann kann es zwar passieren, dass – wie jetzt – ein Buch schon ein Dreivierteljahr vor Veröffentlichung druckfertig ist, aber lieber so, wie in Streß zu geraten. Das mag ich nämlich nicht. Und für mich ist es das wichtigste, zumindest in der Haupt-Schreibphase, in aller Ruhe an einem einzelnen Projekt arbeiten zu können.
Und um das nochmal ganz fies auf den Punkt zu bringen: Im August 2019 kommt der neue Fall mit Julia Durant. Den Inhalt kenne ich seit einem Jahr. Den Titel seit Ostern. Das Cover seit Juli. Aber die erste Ankündigung für die Leser dauert noch bis November.
10. Das soll es auch wieder gewesen sein. Deine „letzten Worte“ finde ich im Interview immer kreativ (zusammen gestückelt, positiv gemeint), aber es sind auch Grüße, Links, Trailer für Hörbücher etc. willkommen. Danke für das Interview.
Ach herrjeh.
Ich habe meine Website überarbeitet. Schaut doch mal rein, vor allem auch, wenn Euch interessiert, wo ich als nächstes lese oder warum ich immer genau dort nicht lese, wo Ihr mich gerne hättet. Und wie Ihr vielleicht darauf Einfluß nehmen könnt.
www.daniel-holbe.de
Und immer dran denken:
Keine Bücher verleihen!
Jeder sollte sein eigenes haben.
Sind genug für alle da ;-)
(**)