Mit der Autorin Bettina Lausen konnte ich kürzlich ein weiteres Interview führen. Erst jedoch haben wir ein kurzes Interview geführt, das nach diesem Interview verlinkt ist. In diesem Interview sprachen wir über die beiden Bücher Das entführte Mädchen und Die Reformatorin von Köln sowie Anfängerfehler, dem Schreiben, weitere Pläne und einigen anderen Dingen. Viel Spaß beim Lesen.
Stell Dich unseren Lesern doch kurz einmal vor.
Ich bin Autorin, 32 Jahre, Mutter einer 2-jährigen Tochter, gelernte Bankkauffrau, habe einen B.A. in Kulturwissenschaften und lebe im Bergischen Land. Ich schreibe seit der Grundschule, mein Schreibmotto dabei: Lebendige Bilder und Geschichten, die zum Nachdenken anregen.
2014 hast Du mit „Das vermisste Mädchen“ Deinen ersten Roman veröffentlicht, davor aber auch schon Kurzgeschichten in Anthologien unterbringen können. Wie bekommt man Kurzgeschichten in Anthologien und funktioniert das Prinzip beispielsweise auch bei Gedichten? Wie kam es zu dem Sprung Prosa / Kurzgeschichte zu Belletristik in Form eines Krimis?
Eine gute Möglichkeit, um seine Kurzgeschichten in Anthologien unterzubringen, ist die Teilnahme an Literaturwettbewerben. Für Gedichte gibt es solche Wettbewerbe auch, aber nicht so häufig, da Gedichtbände bei den Lesern weniger beliebt sind.
Viele Autoren schreiben erst Kurzgeschichten, bevor sie sich an einen Roman heranwagen und so war es auch bei mir. Ich schreibe immer noch gerne Kurzgeschichten, da ich in dieser Form neue Techniken und Perspektiven ausprobieren kann. Außerdem sind die kurzen Geschichten den Szenen in Romanen nicht unähnlich, beides muss einen Spannungsbogen aufweisen und den Leser fesseln.
Wovon handelt „Das vermisste Mädchen“? Also abgesehen vielleicht von den offensichtlichen Dingen, die der Titel verrät.
Die junge Detektivin Helena Briest hat in Menden (Sauerland) eine Detektei eröffnet. Im gleichen Haus leben afrikanischen Immigranten, deren siebenjährige Tochter Tshala spurlos verschwunden ist. Ist sie einem Mädchenmörder zum Opfer gefallen oder gibt es einen fremdenfeindlichen Hintergrund? Als die Polizei nicht weiterkommt, bitten Tshalas Eltern Helena um Hilfe. Die stürzt sich voller Elan in ihren ersten Fall und gerät dadurch selbst in höchste Gefahr.
Drei Jahre später erscheint ein historischer Roman, der eine Menge Recherche erforderte und den Titel „Die Reformatorin von Köln“ trägt. Bitte umreiße kurz für unsere Leser den Erzählstrang.
Die Brauerstochter Jonata von Menden hat ihren geliebten Bruder Lucas verloren. Mit dem Kauf eines Ablassbriefes glaubt sie ihn, aus dem Fegefeuer zu retten – bis sie Martinus Luther kennenlernt und erfährt, dass die überteuerten Zettel nutzlos sind. Sie begreift: Allein der Glaube kann vor den Höllenqualen bewahren. Beseelt von dieser Idee will sie Luthers Schriften in Köln verbreiten und bekommt dabei Unterstützung von dem attraktiven Drucker Simon von Werden. Doch als ihr die Inquisition auf den Fersen ist, bringt sie sich und ihn in Lebensgefahr …
Abgesehen von der Arbeit für den Roman, die damit verbundene Recherche, dem Schreiben und sicherlich noch vielen anderen Dingen, arbeitest Du als Bankkauffrau und hast oder studierst noch Kulturwissenschaften mit Schwerpunkt Literatur und Geschichte. Wie bekommst Du denn das alles unter einen Hut?
Mein Studium habe ich gerade beendet und zurzeit bin ich in Elternzeit, was meinen Job bei der Bank angeht. Ich kümmere mich tagsüber um meine Tochter und wenn sie im Bett ist, habe ich Zeit zum Schreiben. Als ich bei der Bank gearbeitet und noch studiert habe, war die Zeit ebenfalls rar, da musste ich mir die Schreibzeit einfach nehmen. Wenn man etwas gerne macht, dann hat man dafür auch Zeit.
Erst kürzlich habe ich den neuen Band von Die Schlümpfe und lila Bohnen gelesen. Selbst in Kinder-Comics gibt es gesellschaftliche Kritik, hier waren es Essgewohnheiten. Wie wichtig empfindest Du selbst Kritik in den eigenen Büchern unterzubringen und kannst Du Beispiele aus Deinen eigenen beziehungsweise fremden Bücher nennen, die Dir zusagten und auch welche, die nicht Deinen Sinn von Kritik getroffen haben. Bitte auch begründen.
Ich finde es sehr wichtig, auch Sozialkritik in Büchern unterzubringen, was man aus meinen Büchern herauslesen kann. Mein historischer Roman ist auf mehreren Ebenen sozialkritisch, z.B. kritisiert er den damaligen Ablasshandel und den Umstand, dass Predigten in Latein gehalten wurden, obwohl die Gelehrtensprache kaum jemand verstand. Heute haben wir zum Glück die Möglichkeit, selbst etwas nachzulesen und es zu überprüfen. Doch viele kritische Aspekte aus meinem Roman haben heute immer noch Gültigkeit, denn bei der katholischen Kirche sind Ablassbriefe immer noch aktuell, Frauen werden benachteiligt wie z. B. bei der Bezahlung im Job und teilweise ist es immer noch schwierig, institutionelle Machtverhältnisse infrage zu stellen.
Auch in meinem Krimi gibt es eine Sozialkritik, auf die ich jedoch nicht näher eingehe, da ich nicht spoilern möchte.
Apropos Kritik: Welche Art von Kritik sollte, wenn es passt, ruhig öfter in Deinen Augen vorkommen und wenn ja, wie deutlich dürfte man diese äußern?
Romane dürfen alles, sie sind eine Kunstform. Jeder Autor muss für sich selbst entscheiden, wie und in welcher Form er Kritik unterbringt. Ich bin froh, dass wir in einem Staat leben, in dem wir uns nicht fürchten müssen, wenn wir Kritik äußern. Trotzdem muss man aufpassen, wen man sich womöglich zum Feind macht – ich denke da an mächtige Konzerne oder religiöse Gruppierungen.
Bücher sind ein tolles, wichtiges und nicht zu unterschätzendes Medium. Wie wichtig ist es für Dich? Also, Stellenwert gegenüber Magazinen, Zeitung, TV (…) und was müssten andere Medien ändern, um mit Deinem bevorzugten Medium mithalten zu können?
Bücher haben bei mir einen großen Stellenwert. Ich lese sehr viel, einerseits weil ich sehr gerne lese und mir ein Leben ohne Lesen nicht vorstellen kann und anderseits, um mir ein Bild zu machen, was meine Kollegen und Kolleginnen so machen. Eine Romanverfilmung z. B. hat nur 90 Minuten, um die Handlung zu verarbeiten, und kann die Tiefe der Charaktere nicht so detailliert darstellen wie ein Roman. Ein Buch gibt den Gedanken Raum, kann Ambivalenz zeigen und fordert den Leser heraus, sich intensiv mit der Handlung auseinander zu setzen. Daher bleibt für mich das Buch immer das Medium Nummer eins.
Welche Anfängerfehler gilt es als Autor zu vermeiden und kann man immer alle vermeiden? Helfen die Tipps wie „Text x Tage ruhen lassen und dann nochmals zu Gemüte führen.“ wirklich? Stichwort zum Beispiel das sogenannte „blind lesen“, also, wenn man im Text einfache Fehler nicht mehr findet, weil einem dieser schon zu bekannt ist. Welche kannst Du noch empfehlen?
Es gibt viele Anfängerfehler, die man leicht vermeiden kann. Das Schreiben kann man lernen wie viele andere Dinge auch. Hier die Empfehlungen aufzuführen, die in vielen Schreibratgebern zu finden sind, würde diesen Rahmen sprengen. Dazu gehört natürlich, den Text einige Zeit „liegenzulassen“ und ihn sich später noch mal vorzunehmen. Ich möchte noch einen anderen Hinweis geben: Der erste Roman, den man schreibt, wird es meist nicht zu einer Veröffentlichung schaffen, aber man sollte sich nicht entmutigen lassen, sondern weiterschreiben. Meine erste Einzelveröffentlichung „Das vermisste Mädchen“ war nicht der erste Roman, den ich geschrieben habe. Die ersten beiden, die in der Schublade gelandet sind, waren meine Übungswerke und sehr wichtig für meine Entwicklung als Autorin.
Wie bist Du auf den Verlag gestoßen, der beide Bücher nun verlegt hat? Welche Tipps, Websites, Communitys (…) kannst Du neuen Autoren ans Herz legen. Wo wird einem Neuling wirklich geholfen, wo ist es thematisch offen – also egal, ob man Sachbuch, persönliches Buch oder Roman schreibt?
Ich habe mir die Portfolios der Verlage und auch ihre jeweiligen Kriterien der Manuskripteinsendung genau angeschaut und habe dann unter anderem den Emons Verlag angeschrieben. Ich hatte das Glück über einen persönlichen Kontakt, dass ein kleiner Verlag Interesse an meinem Krimi hatte. Dadurch hat sich der Emons Verlag mein Manuskript noch mal genauer angeschaut und ich habe mich dann für ihn entschieden.
Neulingen kann ich die Zeitschrift „Federwelt“ und die Homepage www.autorenwelt.de empfehlen, auf der es auch Hinweise zu Literaturwettbewerben gibt. Außerdem macht es Sinn, Gleichgesinnte zu suchen, mit denen man sich austauschen und sich gegenseitig ein Feedback zu den Texten geben kann. Andere Schreibinteressierte lernt man gut bei Seminaren kennen, die ich nur jedem wärmsten ans Herz legen kann. Auf meiner Homepage www.bettinalausen.de bekommt man einen Eindruck davon, welche Seminare ich belegt habe.
Auch wenn „Die Reformatorin von Köln“ 2017 erschienen und daher noch neu ist. Hast Du schon eine Idee für das nächste Buch und magst Du ein wenig teasen?
Der nächste Roman ist schon geschrieben und das Exposé für den Nachfolgeroman von „Die Reformatorin von Köln“ liegt zur Prüfung beim Verlag. Zum Inhalt kann ich bei beiden Projekten jedoch noch nichts verraten.
Was sind Deine Zukunftspläne?
Immer wieder neue Ideen für Romane zu entwickeln und diese zu schreiben.
Vielen Dank für das Interview.
Ein etwas anderes Interview mit Bettina Lausen gibt es hier zu lesen:
Bettina Lausen im Short & Sweet-Interview